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Tattoos: Körperkunst mit Nebenwirkungen

Tätowierungen liegen derzeit voll im Trend. Schätzungen zufolge hat inzwischen jeder zehnte Schweizer ein Tattoo, bei den 25- bis 34-Jährigen soll es gar jeder Vierte sein. Über die Risiken wissen die wenigsten Bescheid.

Herr Dr. Ijsselmuiden, immer mehr Menschen lassen sich ein Tattoo stechen. Welche Risiken sind damit verbunden?
Dr. Otto Ijsselmuiden*:
Die Hauptrisiken sind Allergien und Infektionen.

Woran erkennt man eine Allergie beziehungsweise wann sollte ein Hautarzt aufgesucht werden?
Juckreiz und eine Schwellung der Haut treten kurz nach dem Tätowieren ja öfter auf. Wenn sich Schwellungen oder Blasen zeigen – auch erst nach Tagen oder Wochen –, sollte an eine Allergie gedacht und ein Arzt konsultiert werden.

Klingt so eine Allergie nicht nach ein paar Wochen wieder von alleine ab?
Nein. Wenn man allergisch auf einen Inhaltsstoff der Tinte reagiert, verschwindet die Allergie nicht wieder. Dann ist eine Behandlung mit Cortison angezeigt. Wenn das nichts nützt, muss das Tattoo entfernt werden. Ist die Hautstelle stark angeschwollen, können keine Laserbehandlungen durchgeführt werden. Dann muss die Tätowierung herausgeschnitten werden.

Was sind die Anzeichen für eine Infektion?
Infektionen können sich als Fieber, eine rote warme Schwellung, die grösser als die Tätowierung ist, oder als rote Streifen auf der Haut äussern. Dann sollte schnellstmöglich ein Arzt aufgesucht werden. Da manche Infektionen auch unbemerkt auftreten, rate ich zu einem Hausarztbesuch, wenn die Herkunft der Tätowierung zweifelhaft ist.

Welche Infektionen können beim Tätowieren übertragen werden?
Hauptsächlich Hepatitis B und C, HIV und Syphilis. Zum Glück wird zumindest hierzulande grossen Wert auf die korrekte Sterilisation der Geräte gelegt. Diesbezüglich hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vieles verbessert, sodass die Infektionsgefahr heutzutage geringer ist.

Manche Urlauber lassen sich in Thailand eine Tätowierung machen und freuen sich, dass das Körperkunstwerk dort viel weniger kostet.
Ich würde davon abraten. In bestimmten asiatischen, südamerikanischen und afrikanischen Ländern ist das Infektionsrisiko deutlich höher als bei uns. Man spart zwar etwas Geld – dafür riskiert man, sich mit einer Krankheit anzustecken, die man nie mehr loswird. Das lohnt sich nicht.

Sind Tattoos für jeden geeignet oder gibt es bestimmte Personengruppen, denen Sie davon abraten würden?
Wer an Schuppenflechte oder starken Ekzemen leidet, sollte auf Tätowierungen verzichten. Ebenfalls nicht geeignet sind Tattoos für Schwangere oder Personen, die Antibiotika oder immunschwächende Medikamente einnehmen, und zwar aufgrund des Infektionsrisikos. Auch Menschen mit Herzerkrankungen, Diabetes, Blutgerinnungsstörungen oder mit vielen Muttermalen würde ich von einer Tätowierung abraten. Ich glaube, dass sich viele Menschen zu wenig bewusst sind, dass eine Tätowierung ein Eingriff in den Körper ist und nicht bloss eine oberflächliche Verzierung.

Gefallen Ihnen persönlich Tätowierungen?
Frisch gestochen, sehen viele tatsächlich wunderschön aus. Leider verblassen die Farben oft im Laufe der Jahre und die Konturen werden unscharf.

Dieses Jahr liegen Tätowierungen mit Planeten- und Sternbildern sowie geometrische Motive im Trend. Überlegen sich viele Menschen zu wenig genau, ob sie das Planetensystem auf ihrem Oberarm mit sechzig immer noch schön finden?
Ich sehe in meiner Praxis öfter Patienten, die ihre Tätowierung wieder loswerden wollen. Einmal war eine junge Patientin bei mir, die ihre ganzen Beine tätowiert hatte und dies bereits eine Woche später bereute. Ich habe den Eindruck, dass viele junge Erwachsene nicht ganz frei entscheiden. Oft herrscht im Freundeskreis ein grosser Gruppendruck. Wenn alle eine Tätowierung haben, gehört derjenige, der keine hat, nicht dazu und wird nicht ernst genommen. Dabei fällt es insbesondere den sozial Schwächeren schwer, sich diesem Gruppenzwang zu entziehen.

Früher war es gerade umgekehrt. Da liessen sich hauptsächlich Leute, die am Rande der Gesellschaft lebten sowie harte Jungs auf Motorrädern tätowieren.
Tätowierungen haben heute tatsächlich ein viel positiveres Image und sind inzwischen auch in vielen Berufen akzeptiert. Die Diskriminierung hat abgenommen. Dies ist sicherlich ein Fortschritt.

Wie leicht lassen sich Tattoos mit Laserbehandlungen entfernen, wenn einem das Motiv nicht mehr gefällt?
Oft kann die Tätowierung vollständig entfernt werden. Es ist aber auch möglich, dass Restpigmente in der Haut bleiben. Wenn die Farbe in tiefere Hautschichten eingedrungen ist, wird es schwierig. Des Weiteren können Nebenwirkungen wie Verbrennungen auftreten.

Tattoos richtig pflegen

  • Starten Sie mit der Wundpflege, sobald Sie den Verband des Tätowierers entfernt haben.
  • Verwenden Sie nur hochwertige Wund- und Heilsalben, die frei von reizenden Zusatzstoffen sind. Im Bedarfsfall sollen diese auch desinfizierend wirken.
  • Bei Bildung von Wundsekret sollten Sie saugfähiges Verbandsmaterial einsetzen, das nicht mit der Wunde verklebt.
  • Schützen Sie Ihre Tätowierung in den ersten Wochen vor direkter Sonneneinstrahlung (Kleidung, Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor) und verzichten Sie auf Schwimmbad- und Saunabesuche.
  • Jede Haut reagiert unterschiedlich und braucht individuelle Pflege. Lassen Sie sich deshalb Ihrer Hautgesundheit zuliebe in der Apotheke beraten.

* Dr. Otto Ijsselmuiden ist Dermatologe in der Praxis am Bahnhof in Rüti ZH. www.praxisambahnhof.ch