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«Kleider machen Leute»? Wie ich meinen Stil finde

Der Satz «Kleider machen Leute» ist aktuell wie eh und je. Allerdings ist die Wahl des richtigen Outfits und der passenden Farben oft alles andere als leicht. Die Pharma-Assistentin und Zürcher Stylistin Cornelia Jörg gibt fachliche Wegleitung.

Die niederländische Königin Maxima, die schwedische Kronprinzessin Victoria und Kate, die Herzogin von Cambridge, gehören zur «Riege der Royals». Welche dieser drei Damen wird modisch am besten beraten und ist perfekt gekleidet?
Cornelia Jörg*: Für mich steht Königin Maxima eindeutig an erster Stelle. Sie ist stilsicher, sie bringt ihre schöne, weibliche Figur vorteilhaft zur Geltung und ihre Frisur passt immer tadellos zum jeweiligen Anlass. Als Stylistin würde ich zur Optimierung des Erscheinungsbildes folgenden Vorschlag machen: Es sollten nie mehr als drei Accessoires verwendet werden und lediglich eines davon dürfte tonangebend sein. Zu einem opulenten Ohrschmuck sollte beispielsweise keine Halskette kombiniert werden. Zu einem Kleid aus einem wunderschönen Stoff, begleitet von einem Hut und einer Handtasche, ist wiederum Schmuck zumeist überflüssig. Königin Maxima hat Mut zur Mode. Sie könnte ihren Stil hin und wieder sogar noch verbessern, wenn sie einzelne modische Akzente etwas zurückhaltender einsetzen würde.

Nehmen wir an, zu Ihnen kommt Frau Muster, eine Angestellte, die auf einen Managerposten befördert worden ist und sich möglichst vorteilhaft präsentieren möchte. Wie gestaltet sich die Beratung?
Die Grundfrage ist immer, ob es um einen Job geht oder ob sich die Frau zu einem ganz besonderen Anlass Beratung holen möchte. Im von Ihnen angesprochenen Fall beginne ich mit einer Farbberatung, bei der mit Tüchern gearbeitet wird. Danach wird der Stil-Typ definiert. Hier spielen die Körpergrösse, die Proportionen und beim Gesicht vor allem die Augen und der Mund sowie die Frisur eine Rolle. Man unterscheidet sechs Frauentypen: Den klassischen, den dramatischen, den sportlichen, den natürlichen, den romantischen und den zierlichen Typ.

Als im Management tätige Frau sollte Frau Muster wahrscheinlich keine verspielten oder zu auffälligen Kleider tragen?
Selbstverständlich ist immer das Umfeld mit seinem Dresscode wegleitend. Frau Muster wird ein Kostüm, einen Hosenanzug oder einen Jupe mit einer Bluse tragen. Sie geht nie ohne Strümpfe, verwendet nur wenig Schmuck und beachtet folgende Hinweise: Der Jupe endet genau zwei Zentimeter unter der Kniemitte, die Länge der Hosenbeine endet in der Mitte vom Schuhabsatz und Frau Muster sollte ihren Farb-Typ beachten. Falls sie ein Sommertyp ist, kommt für sie ein schönes Blau infrage, von Schwarz sollte sie eher Abstand nehmen. Ich gebe jeder Kundin detaillierte Hinweise, etwa auch zur Länge und zum Schnitt eines Blazers, zum Make-up usw.

Viele Frauen müssen günstig einkaufen oder bestellen ihre Kleider im Internet oder aus dem Katalogangebot. Welche Tipps können Sie ihnen vermitteln?
Die Mehrzahl der Frauen kann für Kleider nicht bedenkenlos viel Geld ausgeben. Ich bin aber der Meinung, dass man sich auch mit einem bescheidenen Budget so gut kleiden kann, dass der Preis gar nicht in Betracht fällt. Wichtig ist auch hier, dass die Proportionen beachtet werden. Viele Frauen möchten ihre Hüften verdecken und kaufen dann Kleidungsstücke, die ausgerechnet bei der Hüfte enden. Eindeutig ein Fehler: So werden genau die breiteste Stelle und der Punkt betont, welche die Frau doch eigentlich aus dem Blickfeld rücken möchte.

Der Pullover oder die Jacke müssten deutlich länger sein und die Hüften vollständig bedecken?
Nein, durchaus nicht! Das Teil müsste bis zum oberen Ende des Hüftknochens reichen. Steckt man sich die Bluse seitlich in die Hose, wird ein optischer Unterbruch erzielt, der auch die Beine länger erscheinen lässt.
Das klingt gut, wird aber problematisch, wenn ein Bäuchlein so etwas wie eine kleine Sprungschanze bildet. Auch hier kann man Optimierungen erzielen: Man wählt Hose und Oberteil im gleichen Farbton und trägt dazu ein leicht fallendes Oberteil. Niemals sollte man zu grosse Kleidungsstücke wählen, die optisch noch mehr Gewicht an den Körper zu hängen scheinen. Ein sackartiger Look ist alles andere als kleidsam. Übrigens kann eine Bezugsperson, die einem beim Einkauf von Kleidern ganz ehrlich sagt, was einem steht und was eher nicht, eine grosse Hilfe sein – auch der Partner hat manchmal einen durchaus stilsicheren Blick.

Apropos Partner: Auch Männer kommen zu Ihnen in die Beratung. Welche Hilfestellung brauchen die Herren der Schöpfung?
Männer buchen mich als Stylistin, wenn es beruflich oder privat eine Veränderung gibt. Auch da ist entscheidend, ob das Outfit für das Business, einen Anlass oder für die Freizeit bestimmt ist. Das Styling für den Herrn ist spannend. Männer sind zu Beginn der Beratung ein wenig skeptisch, da sie Argumente und Zusammenhänge brauchen. Doch schon nach der Farbberatung entdecken sie die positive Veränderung auf ihre Person.

Was raten Sie beispielsweise einem Anzugträger?
Zum Anzug trägt der Mann immer einen edlen Lederschuh mit Schnürsenkel. Die Schuhe sollten dunkler oder in der gleichen Farbe wie sein Anzug sein. Die Basisfarben sind schwarz, dunkelgrau, dunkelblau und dunkelbraun. Dunkle Schuhe sind klassisch und vermitteln Sicherheit, Standfestigkeit und Ruhe. Ein Anzug sollte niemals zu weit sein.
Vor allem Männern, die im Business Vorträge halten, Personen führen oder ein Produkt verkaufen, muss der Anzug farblich und vom Stil her passen. Der erste Eindruck zählt! Es ist zudem wichtig, bei den Accessoires im gleichen Farbton zu bleiben. Vor allem der Gürtel und der Lederschuh müssen mit der Farbe übereinstimmen. Sockenfarbe und Schuhe sind eine Einheit. Man darf keine Haut sehen!

Zurück zu den Frauen: Die Farben Korallenrot und Gelb sollen im kommenden Sommer aktuell sein. Muss man sich Trendfarben unterwerfen?
Unterwerfung ist in keinem Fall eine gute Motivation. Korallenrot ist eine warmtonige Frühlingsfarbe und steht dem hellhäutigen Frühlingstyp ausgezeichnet.
Entscheidend ist der Stil der gewählten Kleider, der auch einen nicht idealen Farbton ausgleichen kann. Stimmen jedoch weder Farbe noch der Stil, wird die Frau das Kleidungsstück einmal tragen und es dann in den Schrank verbannen.
Tatsächlich ist es so, dass eine Farbe das Gesicht erstrahlen oder fahl aussehen lassen kann. Gelb passt zu beiden Farbtypen, also sowohl zu kalt- wie auch warmtonig. Es kommt jedoch sehr auf die jeweilige Schattierung der Farbe an. Ist sie lebhaft und frisch oder sanft und pudrig? Ein kalttoniger Sommertyp muss einen gedämpften, sanften Gelbton wählen.

Thema Verschlankung des Kleiderschranks: Von welchen Kleidungsstücken sollte man sich trennen?
Ein Kleiderschrank-Check gehört auch zu meinem Angebot. Das Ziel der Beratung besteht darin, dass meine Kunden erkennen, welches ihre Basic-Kleidungsstücke sind, welche ihnen vom Typ und der Farbe her stehen und problemlos kombiniert werden können. Wichtig ist, dass man nicht irgendeinem Ideal nacheifert, sondern bewusst bei sich selber bleibt und sich in diesem Sinne als Persönlichkeit wahrnimmt und respektiert.

Sie sind als Stylistin, aber auch als Pharma-Assistentin tätig. Sie haben also in beiden Berufsebenen mit Menschen zu tun. Gibt es für Sie hier Parallelen in Ihren doch recht unterschiedlichen Tätigkeitsbereichen?
Ich sehe einen ganz wichtigen Berührungspunkt: Die Beratung. Als Stylistin versuche ich, den jeweiligen Persönlichkeitstyp möglichst genau zu erkennen und ihn so individuell zu beraten, dass er sich gut präsentiert und sich in seinem Outfit wohlfühlt. In der Apotheke gehen wir ebenfalls sehr sorgfältig auf den einzelnen Kunden ein und beraten ihn so differenziert, dass ihm und seiner Gesundheit am besten gedient ist.

* Cornelia Jörg ist Pharma-Assistentin in der Rex Apotheke in Kloten und Stylistin mit eigenem Studio in Niederhasli. Neben ihrer Arbeit in der Apotheke ist sie vom Umfeld Mode und kreativem Styling immer wieder neu fasziniert. www.cj-personalstyling.ch