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Mundgeruch: Sich sicher fühlen beim Ausatmen

Mundgeruch kann für andere ziemlich unangenehm sein. Eine seriöse Abklärung und Beratung kann das Problem in den meisten Fällen verbessern. Manche erfahren auch, dass sie sich zu Unrecht Sorgen gemacht haben.

Das Thema begleitet ihn bereits seit mehreren Jahren. «Ich habe die ganze Zeit Angst, dass jemand meinen übel riechenden Atem wahrnimmt», sagt der knapp 40-jährige Mann. Deshalb habe er fast pausenlos Kaugummis oder Minzbonbons im Mund, putze mehrmals täglich die Zähne und benutze Mundspülungen. «Trotzdem habe ich häufig einen schlechten Geschmack im Mund», sagt er. Am schlimmsten sei es nach dem Sport. Endlich hat er sich deshalb ein Herz gefasst und sich in einer Mundgeruch-Sprechstunde angemeldet, wie sie diverse Zahnärzte und Kliniken anbieten.

Mundgeruch ist ein heikles Thema. Den meisten Menschen ist es gleichermassen peinlich, jemanden im Bekanntenkreis darauf anzusprechen wie selber darauf aufmerksam gemacht zu werden. Wer vermutet, dass sein Atem stinkt, isoliert sich im Extremfall zunehmend und traut sich kaum mehr, mit anderen Leuten in näheren Kontakt zu treten. In Gesprächen wird die Hand vor den Mund gehalten oder man wendet sich leicht ab, sodass ein Blickkontakt schwierig ist. Das kann befremdlich wirken. Statt eines solchen Vermeidungsverhaltens wäre es sinnvoller, die Sache abklären zu lassen. Denn in den meisten Fällen kann mit einer guten Beratung und einigen einfachen Massnahmen eine markante Verbesserung erzielt werden.

Der Magen ist selten schuld

«In der Medizin befasst sich kaum jemand mit Mundgeruch», sagt Dr. med. dent. Philippe E. Zuber. Mit seiner Praxis in Zürich-Oerlikon hat sich der Zahnarzt deshalb auf dieses Fachgebiet spezialisiert. Das Wissen über die Ursachen sei allgemein gering, stellt Zuber fest. «Viele glauben, der Geruch komme aus dem Magen. Doch der Magen hat einen Schliessmuskel. Da dampft es nicht einfach heraus.» Nur in sehr seltenen Fällen sei der Magen der Grund für schlechte Gerüche.

Woher also kommt der unangenehme Atem, der uns immer mal wieder von Menschen zurückweichen lässt, auch wenn sie noch so nett und interessant sind? «Mundgeruch kann viele Ursachen haben», erklärt Zuber. Eine seriöse Untersuchung sei deshalb unumgänglich. Durch eine gute Mundhygiene und zahnärztliche Prophylaxe können bereits diverse begünstigende Faktoren minimiert werden. So zum Beispiel Karies oder Zahnfleischentzündungen – im Fachjargon Parodontitis genannt. Bakterien, welche übelriechende Substanzen wie flüchtige Schwefelverbindungen, Aceton und Buttersäure produzieren, können sich zudem in Zahnfleischtaschen oder Falten in der Zunge verbergen. Zudem bildet sich auf der Zunge häufig ein Belag aus Bakterien.

Toleranz ist individuell

Der schlanke, sportlich wirkende Mann in Zubers Sprechstunde hat als Vorbereitung bereits einen Fragebogen ausgefüllt. Darin wird unter anderem nach Gewohnheiten wie Rauchen und Alkoholgenuss gefragt, aber auch nach Stress, Mundtrockenheit, Diäten sowie diversen körperlichen Erkrankungen – alles Faktoren, welche Mundgeruch verstärken können. Zwei Tage vor der Untersuchung musste er auf scharf gewürzte Speisen, Zwiebeln oder Knoblauch verzichten und zwölf Stunden vorher durfte er weder essen noch trinken. Zudem darf man sich in der Regel am Morgen nicht die Zähne putzen.
Nach einem kurzen Gespräch anhand des Fragebogens wirft der Zahnarzt einen Blick in den Mund seines Patienten. In diesem Fall trifft er ein gepflegtes Gebiss und intaktes Zahnfleisch an. Gleichzeitig setzt er dabei seine Nase ein. Auch diese sei ein wichtiges Instrument für die Diagnose, sagt Zuber. Im konkreten Fall stellt er keinen Geruch fest. «Eigengeruch ist nicht gleich Mundgeruch», betont er. Jeder Mensch habe seinen individuellen Körper- und Atemgeruch. Dies heisse aber noch lange nicht, dass eine sogenannte Halitosis – so der Fachbegriff für Mundgeruch – vorliege. Ausserdem sei die Wahrnehmung, was unangenehm und was akzeptabel ist, kulturell und individuell sehr verschieden, hebt der Spezialist hervor. Bei uns in der Schweiz, wo Dental- und Mundhygiene stark verbreitet ist, sei die Toleranz naturgemäss tiefer als in anderen Ländern.

Gerät mit feiner Nase

Objektiv feststellen, ob jemand behandlungsbedürftigen Mundgeruch hat, kann ein Messgerät in der Grösse eines kleinen Koffers, das sogenannte Halimeter. Daran befestigt ist ein Plastikschlauch, den der Mann nun in den Mund nimmt. An verschiedenen Stellen – etwa hinten im Gaumen oder unter der Zunge – entnimmt der Zahnarzt Proben. Nach einigen Minuten erscheint eine Zahl auf dem Display: 72. «Das liegt etwa im Durchschnitt», stellt Zuber fest. «Sie haben eindeutig keinen Mundgeruch.» In einer Untersuchung der Universität Bern wies gut ein Viertel der Probanden einen Wert über 75 auf und gut vier Prozent lagen über 110. Etwa bei 100 beginnt der Bereich, in dem es für die Mitmenschen unangenehm wird.

Geschmack ist nicht gleich Geruch

Ganz glauben kann der Mann den Befund noch nicht. «Ich rieche es doch selber, dass ich einen schlechten Geschmack im Mund habe», sagt er. Besonders heute, da er die Zähen nicht putzen durfte, fühle es sich unangenehm an. Zuber macht ihn darauf aufmerksam, dass der Geschmack- und der Geruchssinn zwei verschiedene Dinge sind. Trotz anfänglicher Skepsis verlässt der Ratsuchende die Sprechstunde sichtlich erleichtert.
Nicht alle Menschen sind gleichermassen sensibel auf ihren eigenen Geruch. Während einige ständig das Gefühl haben, aus dem Mund zu stinken, obwohl dies gar nicht stimmt, hätten andere durchaus Grund dazu, aber nehmen es selber nicht wahr. Manchmal sei es der Partner oder die Partnerin, welche Betroffene zu einer Abklärung drängen, erzählt Zuber.

Hinweis auf Krankheiten

Neben mangelhafter Mundhygiene sind manchmal auch Entzündungen der Mandeln oder in den Nasennebenhöhlen die Ursache. Zudem kann ein übler Mundgeruch ein Hinweis auf diverse körperliche Krankheiten sein: So etwa auf eine Niereninsuffizienz oder Diabetes. Auch diverse Medikamente verursachen einen sonderbaren Geruch oder führen zu Mundtrockenheit, welche das Entstehen von Bakterien begünstigt.

Je nach Befund kann Philippe E. Zuber seine Patienten selber weiterbehandeln oder er überweist sie zu einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt oder einem anderen Spezialisten. In seltenen Fällen sei auch ein Psychologe die richtige Anlaufstelle, hat er die Erfahrung gemacht. Dann nämlich, wenn sich ein Patient trotz fehlendem Befund weiterhin unrein fühlt und sich im Alltag massgeblich davon einschränken lässt.

Mit einfachen Massnahmen zu frischerem Atem

Die meisten Apotheken halten ein breites Sortiment an Artikeln für die tägliche Mundhygiene bereit.

  • Zahnbürsten und Zahnpasten: Indem man Essensreste regelmässig entfernt, entzieht man den natürlichen Bakterien im Mundraum den Nährboden, sodass sie sich nicht unkontrolliert vermehren können.
  • Zahnseide, Zahnstocher und Interdentalbürstchen zur Reinigung der Zahnzwischenräume.
  • Antibakterielle Mundspüllösungen: Diese sollten aber nicht über längere Zeit angewendet werden, da sie die Mundflora zerstören. Damit kann sich das Problem sogar verschlimmern. Besser geeignet sind hier milde Spüllösungen oder Kaugummis mit speziellen Zusätzen gegen Mundgeruch.
  • Zungenschaber oder Zungenbürsten: Ein häufiger Grund für Mundgeruch ist der Belag auf der Zunge. Er sollte deshalb ein- bis zweimal täglich entfernt werden. Die Anwendung braucht allerdings etwas Übung. An der Zungenwurzel, wo die Bakterienbesiedelung besonders dicht ist, kann ein Zungenschaber Brechreiz auslösen.
  • Kaugummis und Pfefferminzbonbons können für kurze Zeit den Atem etwas frischer machen. Der Geschmack überdeckt allfälligen Mundgeruch teilweise, packt das Übel aber nicht an der Wurzel.
  • Blattgrün-Pastillen helfen bei unreinem Atem oder Mundgeruch, wie er z. B. durch den Konsum von scharf riechenden Speisen wie Zwiebel und Knoblauch entstehen kann.