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Hirnschlag: Gute Chancen bei rascher Behandlung

Die Notfallmedizin macht grosse Fortschritte: Sie kann den Hirnschlag heute behandeln. Voraussetzung ist jedoch, dass man ihn erkennt und rasch ein auf Hirnschläge spezialisiertes Spital aufsucht.

Jen Haas, Schweizerische Herzstiftung

Nach einem anstrengenden Tag wollte Katharina Stuber* noch ein paar Zeilen im Bett lesen. Doch die 72-Jährige fühlte sich an diesem Abend nicht besonders wohl und legte sich hin. Nachdem sie das Licht gelöscht hatte, bat sie ihren Ehemann um ein Taschentuch. Ihre Stimme klang ganz eigenartig, anders als sonst. Deshalb schreckte Anton Stuber* auf und fragte nach, ob es ihr gut ginge. Er schaltete das Licht ein, setzte sie auf und sah, dass ihre linke Gesichtshälfte herunterhing. Seiner Aufforderung, den Arm zu heben, konnte sie nicht Folge leisten. Ihre linke Körperhälfte schien kraftlos. Für ihn war sofort klar, dass seine Frau einen Hirnschlag erlitt. Er eilte ins Wohnzimmer und alarmierte den Notruf 144. Die Ambulanz brachte Katharina Stuber auf die Stroke Unit, also die Hirnschlagabteilung des Kantonsspitals Fribourg.


Behandlung im spezialisierten Spital

Die gute Nachricht vorweg: Katharina Stuber überstand ihren Hirnschlag ganz ohne Folgeschäden. Dies, weil sie rechtzeitig an den richtigen Ort gebracht wurde.

Der Hirnschlag ist die Folge einer plötzlichen Durchblutungsstörung von Teilen des Gehirns. Fehlen dem Gehirn Sauerstoff und Nährstoffe, verlieren die Nervenzellen sofort ihre Funktion und sterben innert kurzer Zeit ab. Es äussern sich die typischen Symptome wie Lähmungen, Seh- und Sprachstörungen (siehe Box). Oft nehmen die Betroffenen solche Ausfälle selbst nicht wahr und sträuben sich gar gegen Hilfe, wie auch im Fall von Katharina Stuber. Ihr erschien alles in bester Ordnung.

Jeder Hirnschlag ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Je schneller er in einem auf Hirnschlag spezialisierten Spital behandelt wird, desto besser sind die Aussichten. In einem Spital mit einem sogenannten Stroke Center oder einer Stroke Unit wird sofort die Ursache abgeklärt. Die Durchblutungsstörung kann aufgrund einer Hirnblutung entstehen. In den allermeisten Fällen aber liegt ein Blutgerinnsel vor, das ein Blutgefäss verstopft. Die Unterscheidung ist wichtig, denn sie bestimmt die Art der Notfalltherapie.

Erfolgreiche Eingriffe

Kaum war Katharina Stuber in der Stroke Unit des Kantonsspitals Fribourg, wurde bei ihr gleich ein MRI erstellt, das Gehirngewebe und Blutversorgung sichtbar macht. Auf dem Bildschirm konnten die Spezialisten schon bald erkennen, dass ein Gerinnsel das Problem war. Noch während der Untersuchung im MRI-Gerät verabreichte ihr das Ärzteteam Medikamente, um die Blutgerinnung zu hemmen. Dieser Vorgang heisst Thrombolyse. Dadurch konnte bei Katharina Studer das Gerinnsel vollständig aufgelöst und die Durchblutung wiederhergestellt werden. Die betroffene Hirnregion wurde wieder mit Sauerstoff versorgt und für Katharina Studer war der Spuk schon nach ein paar Stunden vorbei.

Die Notfallbehandlung bei einem Hirnschlag hat in den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht. Sie verbessert die Überlebenschancen und die Lebensqualität bei einem Hirnschlag wesentlich. Bei Gerinnseln in den grossen Gehirnarterien kommen heute neben der Thrombolyse auch sogenannte Stent-Retriever zum Einsatz. Ein Katheter schiebt ein zusammengefaltetes Metallgitter, den Stent-Retriever, bis in die Gehirngefässe vor. Dort wird es entfaltet, um das Gerinnsel darin zu verhaken. Jetzt kann das Metallgitter das Gerinnsel aus dem Gefäss herausziehen. Wie die Thrombolyse, wirkt diese Methode allerdings nur dann optimal, wenn sie so rasch wie möglich nach den ersten Hirnschlagsymptomen durchgeführt wird.

Vorboten ernst nehmen

Der Hirnschlag traf Katharina Stuber aus heiterem Himmel. Dies ist nicht immer so, manchmal machen sich Vorboten bemerkbar. Solche Vorboten nennt man im Volksmund «Schlägli» oder «Streifung». Der medizinische Fachausdruck heisst transitorische ischämische Attacke (TIA). Eine TIA ist nichts anderes als ein Mini-Hirnschlag, der spontan wieder verschwindet und im Gehirn keine sichtbaren Schäden hinterlässt. Das heisst aber nicht, dass er harmlos ist. Im Gegenteil: Das Risiko, dass in den nächsten Tagen ein grosser Hirnschlag folgt, ist besonders hoch. Wie im Beispiel von Frédéric Cottier*: Der 62-jährige Feuerwehrkommandant fühlte sich auf einem Rundgang durch die Garage unwohl. Plötzlich konnte er sich nicht mehr richtig fortbewegen und hatte Schwierigkeiten, klar zu sehen. Er setzte sich hin. Weil er keine Schmerzen verspürte und die Beschwerden nach ein paar Minuten wieder verschwanden, mass er ihnen keine Bedeutung zu. Wahrscheinlich ein Blutdruckproblem, dachte er. Am nächsten Tag erlitt er einen schweren Hirnschlag. Deshalb gilt bei Hirnschlagsymptomen, auch wenn sie wieder abklingen: Nicht abwarten, auch nicht zum Hausarzt, sondern sofort in ein Spital mit einer Stroke Unit oder einem Stroke Center gehen.

Hirnschlag vorbeugen

Noch besser als behandeln ist – wie immer – vorbeugen. Rund die Hälfte aller Hirnschläge könnte durch eine gesunde Lebensweise vermieden werden. Der Hauptgrund für die Durchblutungsstörung ist eine Arteriosklerose, also eine Einlagerung von Blutfetten und Kalk in der Innenschicht der Arterien. Dadurch verengen sie sich und können aufbrechen, wodurch sich Blutgerinnsel bilden, die ein Blutgefäss, zum Beispiel im Gehirn, verschliessen. Einer Arteriosklerose beugt man folgendermassen vor: Verzichten Sie aufs Rauchen. Kontrollieren Sie regelmässig Blutdruck, Blutzucker- und Blutfettewerte. Ernähren Sie sich ausgewogen nach Mittelmeerart und verzichten Sie auf zu viel Salz. Und zu guter Letzt: Bewegen Sie sich regelmässig ausreichend und vermeiden Sie Dauerstress.

So erkennen Sie den Hirnschlag

Die wichtigsten Symptome eines Hirnschlags sind:

  • Plötzliche Lähmung, Gefühlsstörung oder Schwäche in Gesicht, Arm oder Bein, meist nur auf einer Körperseite
  • Plötzliche Blindheit, oft nur auf einem Auge, oder Doppelbilder
  • Sprachstörungen oder Schwierigkeiten, Gesprochenes zu verstehen
    Tritt eines dieser Symptome auf, alarmieren Sie sofort und immer den Notruf 144. Verlangen Sie die Überweisung in ein Spital mit Stroke Center oder Stroke Unit. Die Liste der Spitäler und weitere wichtige Informationen zum Thema Hirnschlag finden Sie auf: www.hirnschlag.ch.

Herzcheck in Apotheken

Wer auf Reisen geht, sollte gut über seinen Gesundheitszustand Bescheid wissen. Über 500 zertifizierte Schweizer Apotheken bieten auch während der Sommermonate einen sogenannten Herzcheck an. Dabei werden Herz-Kreislauf-Risikofaktoren ermittelt und man erhält Aufschluss über sein persönliches Risikoprofil.

Der Test besteht aus:

  • einer kurzen Befragung
  • Cholesterinmessung
  • Blutdruckmessung
  • Blutzuckermessung
  • Messung des Bauchumfangs

Es ist wichtig, nüchtern zur Vorsorgeuntersuchung zu erscheinen, eine Voranmeldung ist empfehlenswert.
Gut zu wissen: Gönner der Schweizerischen Herzstiftung erhalten ab einem Gönnerbeitrag von 60 Franken jährlich einen Herzcheck-Gutschein zugestellt.

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