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Kräftigeres, volleres und schöneres Haar?

Zahlreiche Leserinnen und Leser werden diese Überschrift sehr vielversprechend finden. Was steckt tatsächlich dahinter? Können Arzt und Apotheker tatsächlich dazu beitragen, dass das Haar voluminöser und fülliger wird?

Der international angesehene Schweizer Dermatologe Ralph Trüeb widerlegt in einem seiner zahlreichen wissenschaftlichen Werke mehrere Mythen rund um das Thema «Haarausfall und schlechte Haarstruktur». Klären Sie mit uns auf, was wirklich stimmt!

Mythos 1: «Es gibt keinerlei Mittel, um Haarausfall aufzuhalten oder gar zu heilen.»

Diese Meinung hält sich mit einer Hartnäckigkeit, die wahrscheinlich auf den unzähligen «Wundermitteln» beruht, die schon immer von mehr oder weniger seriösen Vertreibern angeboten werden. Heutzutage bieten der medizinische Fortschritt und die Transplantationsmedizin jedoch echte Lösungen. Natürlich ist nicht jedes Medikament für jeden gleichermassen geeignet. Für Männer beispielsweise steht gegen frühzeitigen Haarverlust der Wirkstoff Finasterid in Tablettenform zur Verfügung. Da dieser aber primär in das männliche Hormonsystem eingreift, ist er für Frauen unbrauchbar. Wer nichts schlucken möchte, könnte es mit einer Lösung versuchen, die sogenanntes Minoxidil enthält und auf die Kopfhaut aufgetragen wird. Um das beste Produkt für seine eigenen Bedürfnisse zu finden, lohnt es sich jedenfalls, zunächst mit dem Apotheker oder der Apothekerin seines Vertrauens und gegebenenfalls dann auch mit seinem Arzt oder seiner Ärztin darüber zu sprechen. Diese Spezialisten können der Ursache des «haarigen» Problems auf den Grund gehen, das bei Frauen zum Beispiel nach einer Schwangerschaft oder in der Menopause auftreten oder allgemein mit der Einnahme gewisser Medikamente zusammenhängen kann.
Um jedoch Enttäuschungen und falsche Illusionen zu vermeiden, müssen an dieser Stelle zwei unumstössliche Fakten genannt werden. Zum einen ist da die Tatsache, dass nach dem Absterben des Haarfollikels (der Haarwurzel) nur glatte, blanke Haut zurückbleibt und nur noch eine Haartransplantation helfen kann. Zum anderen steht fest, dass viele Zellerneuerungsprozesse mit zunehmendem Alter langsamer ablaufen, so eben auch das Nachwachsen der Haare. Ab einem gewissen Alter wird es immer schwieriger, dass unternommene Anstrengungen, um das Haar zu erhalten, zu pflegen und zu erneuern, zum Erfolg führen.

Mythos 2: «Nahrungsergänzungsmittel haben auf das Nachwachsen der Haare keine bedeutende Auswirkung.»

Die Dicke des Haars wird zugegebenermassen zum grössten Teil durch unsere Gene bestimmt, jedoch wäre es falsch, äussere Faktoren wie die Ernährung, die UV-Strahlung oder Gewohnheiten hinsichtlich der Pflege oder des Frisierens zu vernachlässigen. Was die Ernährung angeht, konnte inzwischen die umfassende Bedeutung bestimmter Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe für die Gesundheit des Haars nachgewiesen werden. Die Stoffe, um die es dabei geht, spielen eine Rolle bei der Durchblutung des Haarbodens und seiner Versorgung mit Sauerstoff. Sie sind für die Zellteilung und -differenzierung unabdingbar und sind besonders wichtig für die Bildung von Keratin, ein Protein, aus dem das Haar besteht. Die Liste an möglichen Nahrungsergänzungen ist lang, umfasst aber primär Biotin, Eisen, Zink sowie die Aminosäuren Glutamin und Cystein. In unseren Breitengraden tritt diesbezüglich zwar selten ein Mangel auf, es lohnt sich aber, diese Substanzen zuzuführen, damit dem Körper jene Stoffe zur Verfügung stehen, die für kräftiges Nachwachsen und gesundes Haar erforderlich sind.

Mythos 3: «Häufiges Haarewaschen, -föhnen und -färben sowie die Anwendung von Stylingprodukten führen zu Haarausfall.»

Bestimmte Substanzen und Methoden reizen zugegebenermassen die Kopfhaut, diese Faktoren sind jedoch nicht direkt als Ursache für das Ausfallen der Haare anzusehen. Zu beachten ist allerdings, dass sich aggressive Bestandteile von Färbemitteln oder auch eine hohe Wassertemperatur bei der Haarwäsche sowie zu heisses Föhnen auf die Haarstruktur, die äussere Haarwurzelscheide und das Aussehen des Haars auswirken. Sind die Haare brüchig, gespalten oder stumpf geworden, so benötigen sie vor allem «Erholung» sowie milde und wohltuende Pflege. Auch hierfür hat die Apotheke geeignete Produkte im Sortiment.

Abschliessend sollte noch erwähnt werden, dass die Psyche eine grosse Rolle dabei spielt, wie stumpf aussehendes und weniger volles Haar erlebt wird. Oftmals trägt ein Gespräch mit einem Spezialisten dazu bei, die Situation zu relativieren. Professionelle Ratschläge und Tipps sorgen letztlich dafür, dass das Haar tatsächlich zu neuer Kraft finden kann.

Diagnosestellung ist entscheidend

Vor der oralen Einnahme von Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln sowie vor der lokalen Anwendung von synthetischen Substanzen sollte zunächst eine gründliche Diagnose des Haarausfalls gestellt werden. Im Anschluss sind nämlich Fleiss und Geduld gefragt! Ist die Behandlung gerechtfertigt, setzt ein sichtbarer Erfolg schliesslich erst nach mehreren Monaten ein.