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Gefährliche Meeresbewohner

Ungemach aus dem Meer

Ferien am Meer sind für die meisten Menschen gleichbedeutend mit Schwimmen, Schnorcheln, Tauchen oder Surfen. Doch nicht überall kann man sich völlig sorglos ins Wasser begeben. Die Bisse und Stiche mancher Meeresbewohner können uns gefährlich werden.

Christiane Schittny, Apothekerin

Zum Glück sind die meisten Meerestiere harmlos und ernsthafte Unfälle mit gefährlichen Quallen, giftigen Fischen oder aggressiven Meeressäugern sind eher selten. Trotzdem kommt es immer wieder zu Begegnungen der unangenehmen Art, wenn beispielsweise Schwimmer oder Taucher einem Tier bewusst zu nahe kommen oder sie es einfach wegen der guten Tarnung oder aus Unachtsamkeit nicht bemerken. Das Lebewesen fühlt sich dann meist bedroht und verteidigt sich auf seine spezielle Art und Weise.

Hauptproblem Gift
Für uns Menschen kann das Gift einiger Meeresbewohner Folgen haben, die von kleineren Hautirritationen bis hin zu schwersten Vergiftungen reichen können. Die Tiere produzieren Toxine, die sie in speziellen Drüsengeweben speichern und bei Bedarf absondern können.
Kommt das Gift mit dem Opfer in Kontakt, ist zunächst meist ein brennender oder stechender Schmerz spürbar. Die Haut reagiert rund um die betroffene Stelle mit Rötung, Schwellung oder Blasenbildung. Gelegentlich kann es auch zu kurzfristigen, jedoch reversiblen Lähmungserscheinungen der betroffenen Gliedmassen kommen.
Wenn es sich um stärker wirkende oder grössere Giftmengen handelt, können unter Umständen sogar lebensbedrohliche Situationen auftreten. Der Giftstoff kann über das Lymph- und Kapillarsystem in den gesamten Organismus gelangen und schlimmstenfalls zu Atemlähmungen oder Herzstillstand führen. Wassersportler sollten deshalb vorsichtig sein und nichts anfassen, was sie nicht kennen. Wenn nach Kontakt mit unbekannten Tieren Symptome auftreten, gilt Folgendes: Ruhe bewahren, an Land gehen, den betroffenen Körperteil ruhigstellen und Hilfe holen.

Gefahr lauert überall
In der Regel findet man die wirklich gefährlichen Tiere eher in den tropischen Gebieten, doch auch im Mittelmeer, in der Nord- und Ostsee und im Atlantik, unseren der Schweiz am nächsten gelegenen Feriendestinationen am Meer, kann es zu unschönen Begegnungen mit Meeresbewohnern kommen. Auch wenn wir uns diese Tiere lieber ganz weit weg wünschen, gilt es doch zu bedenken: Sie sind ein wichtiger Teil unseres Ökosystems und ihr Verhalten und ihre Giftigkeit gehören zu ihrer ausgeklügelten Überlebensstrategie!

Feuerquallen
Von allen giftigen Meerestieren sind Quallen wohl die bekanntesten. Viele Menschen fürchten sich schon allein vor ihrem Anblick. Der Begriff «Feuerqualle» steht für alle Quallenarten, die sich frei schwimmend im Meer bewegen und die vor allem an ihren Tentakeln Nesselzellen besitzen. Diese enthalten toxische Substanzen, die bei Berührung freigesetzt werden und beim Menschen auf der Haut verbrennungsartige, schmerzhafte Verletzungen hervorrufen. Sie kommen als Leucht-, Kompass- oder gelbe Haarqualle vor allem in der Nord- und Ostsee sowie im Mittelmeer vor.
Am besten ist es, den Kontakt mit diesen Quallen zu meiden. Selbst Exemplare, die an den Strand gespült wurden, können noch einige Tage lang gefährlich sein. Die Wunde sollte keinesfalls mit Süsswasser oder Alkohol gespült werden und auch ein Abreiben mit einem Handtuch macht die Sache nur schlimmer: Beides fördert die Giftfreisetzung der noch intakten Nesselzellen. Besser ist vielfach ein Abspülen mit Essig. Entsprechende Präparate sind in der Apotheke erhältlich. Zur Entfernung der Nesselzellen trägt man feuchten Sand auf, der nach einigen Minuten vorsichtig abgeschabt wird. Zur weiteren Behandlung empfehlen sich kühlende, antiallergische Gele oder kortisonhaltige Salben.
Anmerkung: In Australien und im Indopazifik lebt die Würfelqualle. Sie gehört mit ihrem starken Nervengift zu den gefährlichsten Tieren weltweit und verursacht jährlich rund hundert Todesfälle. Auch die Portugiesische Galeere zählt zu den gefährlicheren, wenn auch meist nicht tödlichen Quallenarten. Sie kommt vor allem im Pazifik sowie an den Küsten der Kanaren und vor Portugal vor.

Seeigel
Diese stacheligen Gesellen findet man vor allem im Mittelmeerraum. Dort verstecken sie sich mit Vorliebe in felsigen Buchten und Riffen. Sie sind oft leicht zu übersehen, vor allem, wenn sie sich in der Brandungszone befinden, wo die Gischt die Sicht ins Wasser erschwert. Wenn man auf einen Seeigel tritt, dringen die langen, spitzen Stacheln oft tief in die Haut ein. Da diese sehr fragil sind, brechen sie meist ab: Die Spitzen bleiben dann in der Haut stecken und sind nur schwer entfernbar.
Auf felsigem Untergrund helfen vorbeugend stabile Badeschuhe. Wer trotzdem mit den Stacheln Bekanntschaft macht, sollte das Entfernen tief eingedrungener Stacheln einem Fachmann überlassen. Wenn die Stacheln nicht so tief sitzen, kann man es auch selber mit einer Pinzette versuchen. Wichtig ist es, danach die Wunde mit einem Desinfektionsmittel zu behandeln.
Anmerkung: In tropischen Gewässern gibt es sehr farbenprächtige Lederseeigel beziehungsweise Giftzangenseeigel. Ihr äusserst wirksames Gift kann zu sehr schmerzhaften Vergiftungen führen.

Petermännchen
Diese zwanzig bis vierzig Zentimeter langen Fische gehören zu Europas wenigen Giftfischen. Sie leben an der Atlantik- und Nordseeküste sowie im gesamten Mittelmeerraum. Dort halten sie sich gerne im seichten Wasser auf, wo sie sich oft im Sand vergraben und reglos und gut getarnt ihrer Beute auflauern. Bei Gefahr flüchten sie nicht, sondern vertrauen auf die Wirkung ihrer giftigen Stachelstrahlen und Dornen, die sich an der Oberseite ihres Körpers befinden. Die Toxine lösen beim Menschen oft starke Schmerzen und Schwellungen aus, die über längere Zeit anhalten können.
Auch hier ist man mit robusten Strandschuhen auf der sicheren Seite. Taucher und Schnorchler sollten stets genügend Abstand zu Fischen halten, vor allem, wenn sie ihnen nicht bekannt sind. Ist man mit einem Petermännchen in Berührung gekommen, sollte man möglichst schnell die Stacheln entfernen und die Wunde desinfizieren. Da die Folgen meist nicht so harmlos sind, ist ein Arzt beizuziehen. Der verfügt im Notfall auch über ein Antiserum.

Haie und Robben
Es gibt etwa fünfhundert verschiedene Haiarten in nahezu allen Gewässern der Erde und einige davon kommen auch im Mittelmeer vor. Ihrem Ruf als gefährliche und rücksichtslose Räuber werden die Fische aber nicht gerecht. Angriffe von Haien auf Menschen sind äusserst selten und beruhen wahrscheinlich eher auf einer falschen Einschätzung der vermeintlichen Beute als auf Angriffslust. Der Mensch gehört nicht ins Beuteschema dieser Meeresbewohner. Bei der Sichtung eines Hais gilt es, ruhig zu bleiben, nicht zu paddeln und keine hektischen Bewegungen zu machen. Dann verzieht sich der Hai wieder.
Robben sind eher in den kälteren Gewässern dieser Erde beheimatet. Die Kegelrobbe und den Seehund findet man auch an der Nord- und Ostsee. Im Gegensatz zum Hai sehen die Tiere harmlos aus und verleiten fast schon zum Streicheln. Aber Achtung: Diese Säugetiere sind Raubtiere, die es auch mit grösseren Beutetieren aufnehmen und kräftig zubeissen können. Deshalb sollte immer ein respektvoller Abstand zu Tieren am Strand eingehalten werden, besonders, wenn es sich um Mütter mit ihren Jungen handelt.

Und ausserdem …
Die Liste der für uns gefährlichen Meerestiere könnte noch lange fortgesetzt werden. In den weiter entfernten Weltmeeren sind viele Fische wie der Rotfeuerfisch, der Steinfisch oder der Drückerfisch unterwegs, hinzu kommen Stachelrochen, Muränen, Kegelschnecken, Seeschlangen, Krustenanemonen oder Feuerkorallen, die meistens durch ihre Giftigkeit schaden können. Zwischenfälle mit diesen Lebewesen sind allerdings nur äusserst selten zu verzeichnen. Wer etwas vorsichtig ist, sich über die Lage im Feriengebiet erkundigt und an die entsprechenden Empfehlungen hält, braucht in aller Regel nichts zu befürchten. Da steht dem Strandglück wirklich nichts im Wege!