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Gesund durch stärkende Nahrungsmittel

Die Ernährung hat einen Einfluss auf unser Immunsystem. Welche Nahrungsmittel dazu beitragen, in der kalten Jahreszeit Schnupfen und Co die Stirn zu bieten, erklärt Nina Schweigert, Ernährungsberaterin aus Kilchberg.

Seit einiger Zeit werden gewisse Nahrungsmittel als «Superfood» bezeichnet. Was ist darunter zu verstehen?
Dr. Nina Schweigert*: Superfood ist ein Begriff, der im Marketing meist zur Anpreisung neuer, exotischer Lebensmittel verwendet wird, die einen aussergewöhnlich hohen Anteil an wichtigen Nähr- und Inhaltsstoffen haben sollen. Als Superfood werden zum Beispiel Açaíbeeren aus dem Amazonasgebiet, Chiasamen aus Mexiko, Quinoa aus Südamerika oder Gojibeeren aus Asien bezeichnet.

Halten diese exotisch klingenden und importierten Nahrungsmittel, was sie versprechen?
Sie sind sicher gesund, aber nicht unbedingt besser als einheimische Beeren, Gemüse und Früchte. Nicht nur die Açaíbeeren sind reich an antioxidativ wirkenden Substanzen, sondern auch unsere einheimischen Heidel-, Him- oder Brombeeren. Chiasamen enthalten zwar viel gesunde Fettsäuren, Ballaststoffe und Proteine – ihr Nährstoffgehalt und ihre Wirkung auf die Verdauung sind allerdings vergleichbar mit Leinsamen.

Auch die Avocado hat sich zu einem «Superfood» gemausert. Wie beurteilen Sie diesen Trend?
Viele Konsumenten sind sich nicht bewusst, dass Avocados oft aus Ländern stammen, in denen Wasserknappheit herrscht. Für den Anbau dieser Frucht ist jedoch sehr viel Wasser nötig. Diese Problematik besteht auch bei anderen Lebensmitteln, die wir täglich konsumieren, zum Beispiel Gemüse aus Israel, ebenfalls ein Land, das von Trockenheit betroffen ist. Auch ich esse Avocados ab und zu, empfehle aber aus ökologischen Gründen, dies mit Mass zu tun.

Kann man mit Superfood eine ungesunde Ernährung kompensieren?
Jein. Das Zuviel an Zucker und Fetten aus dem bereits gegessenen Fast Food oder den Süssigkeiten können wir nicht rückgängig machen. Wenn wir aber danach viel Vollkornprodukte, Gemüse und Früchte zu uns nehmen, tragen wir dazu bei, dass die Nährstoffbilanz am Ende des Tages doch noch stimmen kann.

Welche einheimischen Nahrungsmittel sind im Winter besonders gesund?
In der kalten Jahreszeit werden z. B. Kohlgemüse, Karotten, Zwiebeln, Lauch und Nüsslisalat frisch bei uns geerntet. Einheimische Produkte bieten den grossen Vorteil, dass sie viel schneller vom Feld zu uns nach Hause kommen. Deshalb enthalten sie mehr Vitamine. Aber auch tiefgekühltes Gemüse ist reich an Nährstoffen, weil es sofort nach der Ernte eingefroren wird. Tiefkühlen ist die beste Art, Vitamine und Mineralstoffe zu konservieren. Auch Äpfel und Birnen sind im Winter wichtige Nährstofflieferanten. Sie können heute vom Handel über mehrere Monate so gelagert werden, dass kaum Nährstoffe verloren gehen. Bio-Obst wird übrigens ohne Chemikalienzusätze in der Atmosphäre gelagert.

Welche in der Schweiz angebauten Lebensmittel tun unserem Immunsystem im Winter besonders gut?
Nahrungsmittel, die reich an Vitamin A, C, E, Beta-Carotin und Zink sind, stärken unsere Abwehrkräfte. Beta-Carotin ist beispielsweise in Karotten und Spinat in grösseren Mengen enthalten, Vitamin A in Leber, aber auch in Karotten und anderen Wurzelgemüsen, Vitamin C in Kohlgemüse und in Obst und Vitamin E in Samen, Nüssen und Pflanzenölen. Zink kommt hauptsächlich in tierischen Produkten vor. Mit Nüssen und Samen kann man seinen Zink-Bedarf ebenfalls decken.

Gibt es Vitamine, die sich im Winter nur schwer über die Nahrung decken lassen?
Ja, und zwar das Vitamin D. Im Winterhalbjahr bildet unsere Haut zu wenig Vitamin D, weil die Sonneneinstrahlung in unseren Breitengraden zu schwach ist und unsere Vitamin-D-Speicher nur etwa drei Monate reichen. Um unseren Vitamin-D-Bedarf ohne Supplemente bis Ende Winter zu decken, müssten wir sehr viel fetten Meeresfisch, Eier, Pilze und Leber essen.

Wie sollten wir uns in der kalten Jahreszeit ernähren?
Aus psychologischen Gründen tut uns eine warme Mahlzeit pro Tag in dieser Zeit besonders gut. Das ist aber aus wissenschaftlicher oder gesundheitlicher Sicht kein Muss. Wichtig ist, dass wir täglich Gemüse, eine Kohlehydratquelle, wie zum Beispiel Vollkornpasta, und eine Proteinquelle, wie zum Beispiel Fleisch, Fisch oder Tofu, essen. Für mich gehört auch ein Salat zu jeder warmen Mahlzeit. Auch im Winter sollten wir ausreichend trinken – etwa eineinhalb Liter pro Tag. Das befeuchtet unsere Schleimhäute und macht diese robuster gegenüber Krankheitskeimen.

Was empfehlen Sie Menschen, die sich im Büro verpflegen?
Wichtig ist, dass man sich auch dort vielseitig ernährt. Ein Vollkornsandwich mit Gemüse oder ein Salat ist durchaus gesund, aber nicht, wenn man jeden Tag die gleiche Mahlzeit isst. Abwechslung ist wichtig. Ideale Mahlzeiten können auch Gemüsestängel, Suppen, ein Smoothie mit Gemüse und Früchten oder etwas Aufgewärmtes vom Vorabend, ergänzt mit frischem Salat, sein.

Wie schafft man es, durch den Winter zu kommen, ohne zuzunehmen?
Am besten isst man viel Obst und Gemüse, weil das sättigt und verhältnismässig wenig Kalorien hat. Bei fettreichen Mahlzeiten empfehle ich, Mass zu halten, weil diese kalorienreich sind. Wer abnehmen will, sollte sich auf drei Mahlzeiten pro Tag beschränken. Das ist übrigens reine Gewohnheitssache. Regelmässige Bewegung ist aber genauso wichtig, wie eine gesunde Ernährung, um sein Gewicht zu halten.

Tipps: So bleiben Vitamine und Nährstoffe erhalten

  • Essen Sie Gemüse und Obst möglichst frisch, denn bei der Lagerung gehen Nährstoffe verloren.
  • Falls Sie Gemüse doch über mehrere Tage aufbewahren wollen, lagern Sie es im Kühlschrank oder in einem kühlen, dunklen Keller. Ausnahme: Obst, das noch nachreifen muss.
  • Waschen Sie Obst und Gemüse immer erst kurz vor dem Schneiden, weil sonst frühzeitig Mikronährstoffe ausgewaschen werden. Benutzen Sie dazu stehendes oder wenig fliessendes Wasser.
  • Dünsten oder dämpfen Sie Gemüse nur kurz anstatt es im Salzwasser zu kochen. Essen Sie die Mahlzeit anschliessend möglichst bald.

*Dr. Nina Schweigert ist Biologin, dipl. Ernährungsberaterin und Nordic-Walking-Instruktorin. Sie führt in Kilchberg die Praxis Dein Ernährungscoach (www.dein-ernaehrungs.coach).