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Vitamin D – ein Alleskönner?

Knochenschwund verhindern, erhöhte Sturzgefahr senken, Fruchtbarkeit fördern, Infektanfälligkeit verringern, Krebsrisiko reduzieren und die allgemeine Lebenserwartung optimieren. Das klingt beinahe nach einem Wundermittel: Viele der propagierten Wirkungen müssen aber erst bestätigt werden.

Vielleicht haben Sie schon davon gehört, dass der Vitamin-D-Mangel entlang der nördlichen Halbkugel ein weitverbreitetes Phänomen ist: Man geht von 60 Prozent der Bevölkerung aus. Auch wenn sich die Fachwelt noch nicht ganz einig ist, ab wann genau von einem Mangel zu sprechen ist, zeigen hierzulande ältere Menschen meist Sommer wie Winter einen (zu) geringen Vitamin-D-Spiegel; Kinder und jüngere Erwachsene sind vor allem in der kalten Jahreszeit davon betroffen. Wie aber ist dies zu erklären und welche Konsequenzen hat eine Unterversorgung auf unsere Gesundheit? Bevor wir diese Fragen klären, räumen wir noch mit einen Irrtum auf!

Hormon statt Vitamin

Vitamine im eigentlichen Sinne sind lebenswichtige Stoffe, die wir nicht selbst bedarfsdeckend herstellen können. Um keinen Mangel zu erleiden, müssen wir sie von aussen über die Nahrung zuführen. Als man das Vitamin D entdeckte und ihm seinen Namen verlieh, wusste man es noch nicht besser: Man ist davon ausgegangen, dass es unser Körper nicht selbst produzieren kann. Tatsächlich sind aber sogar 80 bis 90 Prozent «hausgemacht» und nur ein kleiner Teil davon wird über das Essen zugeführt. Die Bezeichnung Vitamin ist somit nicht ganz richtig. Die ungewohnte Benennung «Hormon D» wäre hingegen nach heutigem Wissensstand korrekt.

Leber, Haut und Sonne

Wir lagern Vorstufen vom Hormon D in unserer Leber. In der Haut können diese schliesslich mittels UV-B-Strahlen in Vitamin D3 umgewandelt werden. So entstehen bei ausreichendem Sonnenlicht innerhalb von zwanzig Minuten 10 000 bis 14 000 Einheiten «Sonnenhormon». Das ist ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass die täglichen Einnahmeempfehlungen je nach Alter zwischen 400 und 800 Einheiten liegen. Überdosierungen durch die körpereigene Produktion sind aber zum Glück nicht möglich, da die Haut über spezielle Mechanismen ein Zuviel abbaut. Praktisch wäre, wenn wir uns über die sonnenreichen Sommermonate eine Vitamin-D-Reserve ansammeln könnten. Dies gelingt uns aber leider nicht, weil wir dieses Vitamin zwar in der Leber zwischenspeichern können, es aber nicht endlos haltbar ist. Ein Mangel entsteht nun aus verschiedenen Gründen. In den meisten Fällen wird von unserem Körper zu wenig Sonnenhormon produziert. Doch warum?

Gründe für zu geringe Blutspiegel

Von Oktober bis März scheint die Sonne an der Nordhalbkugel zu wenig stark. Ist die UV-B-Bestrahlung zu gering, fehlt unserem Körper das «Feuer» für die Hormon-D-Synthese. Wer sich zudem auch im Sommer kaum mehr im Freien aufhält oder sich seiner Hautgesundheit zuliebe permanent mit Sonnencreme vor UV-Strahlen schützt, läuft ebenfalls Gefahr, zu wenig Sonnenhormon zu produzieren. Aber auch dunkelhäutige Menschen sind häufig von einem derartigen Mangel betroffen, da die stark pigmentierte Haut länger für die Vitamin-D-Produktion braucht. Besonders gefährdet sind ältere Menschen, da sie weniger nach draussen gehen und ihre Haut rund viermal weniger Vitamin D bildet als die von jungen Personen. Auch Fettleibigkeit oder die Einnahme von Medikamenten wie Cortison kann auf Dauer den Hormon-D-Spiegel senken. Was aber, wenn es wirklich zu einem Mangel kommt?

Was Hormon D kann

Das Sonnenhormon sorgt dafür, dass wir Calcium aus der Nahrung über unseren Dünndarm aufnehmen können, gleichsam nicht zu viel davon über die Nieren ausscheiden und es effizient in Knochen und Zähnen versorgen. Es festigt aber nicht nur unser Skelett, sondern stabilisiert auch unsere Muskeln und reduziert somit die Sturzgefahr. Zudem hat es Bindungsstellen in praktisch allen Organen, Nerven- und Gefässzellen. Welche Effekte sich daraus ergeben, beschäftigt aktuell ganze Scharen von Wissenschaftlern. Alle möglichen Auswirkungen sind allerdings erst teilweise bekannt. Da das Hormon fettlöslich ist, schlüpft es gekonnt durch verschiedenste Zellhüllen und dringt sogar bis zu den Zellkernen vor. Dort beeinflusst es die Bildung von wichtigen Proteinen, was die Krebsforschung hellhörig werden lässt. Auch auf das Immunsystem scheint es einen bedeutenden Einfluss zu haben. Das Wirkungsspektrum von Hormon D scheint also wirklich keine Grenzen zu kennen. Doch was heisst das konkret?

Es wird spannend

Aufgrund der Vielzahl an Beobachtungen, die eine weitreichende Wirkung des Hormons vermuten lassen, werden aktuell auch seriöse Langzeitstudien durchgeführt. Wissenschaftler wollen beispielsweise wissen, ob sich mit dem Sonnenvitamin tatsächlich Tumorpatienten besser fühlen oder Intensivpatienten unter Vitamin-D-Gabe seltener versterben, ob sich Herzerkrankungen und Depressionen verbessern oder ob ein Typ-2-Diabetes und Unfruchtbarkeit mit dem Sonnenhormon beeinflussbar sind. Für voreilige Schlüsse ist es jedoch vielfach noch zu früh. Wer hingegen seine Knochen und Muskeln stärken und somit vor allem im Alter sein Sturzrisiko senken will, sollte schon jetzt auf einen ausreichenden Hormon-D-Spiegel achten. Hier macht eine gezielte Ergänzung mit Vitamin-D-Produkten aus der Apotheke sicherlich Sinn.

Knopf im Kopf?

Mittlerweile sind verschiedenste Vitamin-D-Präparate im Handel: Tabletten, Kautabletten oder Tropfen. Vor allem die Tropfen sind je nach Hersteller unterschiedlich dosiert. Da die korrekte Umrechnung oft Kopfzerbrechen bereitet, fragen Sie am besten gleich in der Apotheke nach, welche Menge für Sie die Richtige ist.