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Verhütung im Wandel der Zeit

Sommer, Sonne, heisse Nächte: Frauen können sich heute zuverlässig vor einer Schwangerschaft schützen. Das war aber längst nicht immer möglich. Interessiert es Sie, was früher verwendet wurde und was aktuell als zuverlässig gilt?

Heutzutage können Frauen auf verschiedenste Art verhüten. Eine Revolution gelang mit hormonellen Präparaten. Den Startschuss dafür lieferte der Chemiker Carl Djerassi vor bald 60 Jahren, als ihm die Entwicklung der Antibabypille gelang. Bis dahin war Verhütung allerdings alles andere als sicher, auch wenn man mit ersten Versuchen bereits im Altertum begann.

Der Verhütung auf der Spur

Wissen Sie eigentlich, wie oft eine Frau im Laufe Ihres Lebens schwanger werden kann? Im Durchschnitt beachtliche fünfzehn Mal! Früher waren deshalb acht bis zehn Kinder keine Seltenheit. Nicht jede Frau freute sich damals allerdings über den reichen Kindersegen. So kennt die Geschichte der Verhütung durchaus auch dunkle Seiten. Ungewollte Schwangerschaften konnten mit Ratschlägen von noch so kompetent wirkenden Quacksalbern nicht verhindert werden. Dass weder Krokodilkotzäpfchen noch starkes Niesen nach dem Verkehr eine Schwangerschaft verhindern können, ist heute zum Glück unbestritten. Doch welche Varianten gab es damals, die auch heute noch Anwendung finden, und wie sicher sind diese nach momentanem Wissensstand?

Natürliche Methoden

Der Coitus interruptus zählt zu den ältesten Formen der Verhütung und wird nach wie vor von vielen Paaren praktiziert. Allerdings gilt das vorzeitige Beenden des Verkehrs vor dem Samenerguss zu den unsichersten Möglichkeiten überhaupt. Ähnlich unzuverlässig sind lediglich Scheidenspülungen oder die seit 1928 bekannte Kalendermethode (Knaus-Ogino-Methode), bei der man seine fruchtbaren Tage rein rechnerisch zu ermitteln versucht. Was hingegen als relativ sicher eingestuft wird, ist das Messen der Körpertemperatur mit einem speziellen Frauenthermometer gemeinsam mit der Beurteilung der Konsistenz und Spinnbarkeit des Zervixschleims. Wem dies zu kompliziert ist, der kann heutzutage auf moderne, elektronische Testgeräte zur Bestimmung der fruchtbaren Tage setzen. Mittels Urinproben wird dabei der Hormonspiegel (LH-Konzentration) überprüft.

Mechanische Methoden: Kondom und Diaphragma

Seit wann Kondome zur Verhütung verwendet werden, ist unsicher. Zur Abwehr von Geschlechtskrankheiten wurden sie jedenfalls schon im 16. Jahrhundert eingesetzt. Die ersten Kondome bestanden aus gewebtem Stoff, später aus Schafsdärmen. Im Jahre 1839 konnte man schliesslich Kautschuk vulkanisieren. Kondome wurden dadurch wasserfest und bruchstabil. Die Sicherheit verbesserte sich von nun an zusehends und wurde mit Gütesiegeln garantiert. Präservative zählen aktuell zu den relativ sicheren Methoden: Von hundert Frauen, die über ein Jahr mit Kondom verhüten, werden zwei bis zwölf schwanger; ohne Verhütung wären es immerhin 60 bis 80 Frauen.
Auch das sogenannte Diaphragma, das seit Ende des 19. Jahrhunderts Verwendung findet, gilt als relativ sicher. Dabei handelt es sich um eine Scheibe aus Latex oder Silikon, die den Gebärmutterhals und die obere Scheidenwand abdeckt. Sie wird zusammen mit einem spermiziden, also spermienabtötenden Gel verwendet. Die Grösse des Diaphragmas kann der Frauenarzt ermitteln. Für das Einführen vor dem Verkehr sowie für das Entfernen danach braucht es allerdings heute wie vor über hundert Jahren ziemlich viel Geschick.

Kupfer statt Chemie

Die erste Kupferspirale wurde um 1900 entwickelt. Sie löste wenig taugliche Materialien wie Seide, Perlmutt, Gold oder Silber ab. Hat der Frauenarzt die Spirale (oder Kette) erst einmal in die Gebärmutter eingesetzt, hemmt das Kupfer – wie man heute annimmt – die Spermienbeweglichkeit und verhindert das Einnisten des Eies in der Gebärmutterschleimhaut. Kupferspiralen gelten als ähnlich sicher wie Hormone, können bei einigen Frauen allerdings die Monatsblutung verstärken und zu Krämpfen führen, was trotz Fortschritt in der Medizin noch nicht ausreichend behoben werden konnte.

Von Pille bis Implantat

Die erste Antibabypille, mit der man jetzt erstmalig den Eisprung unterbinden konnte, wurde in den USA im Jahre 1960 zugelassen. Mit dieser Möglichkeit hatten Frauen nun eine wirklich sichere und zugleich einfache Methode zur Hand. Von hundert Frauen, die ein Jahr lang mit der Pille verhüten, wird weniger als eine schwanger. Ein Ergebnis, das damals wie heute durchaus überzeugt. Mittlerweile können Hormone zur Verhütung dem Körper auf verschiedensten Wegen zugeführt werden: Wer also nicht täglich eine Tablette schlucken möchte, könnte sich ein Hormonpflaster auf die Haut kleben oder einen Vaginalring mit Hormonen einführen. Der Frauenarzt könnte eine Dreimonatsspritze injizieren, ein Stäbchen unter die Haut implantieren oder eine Hormonspirale in die Gebärmutter einsetzen. All diese Methoden gelten als sicher. Laut Statistik ist die Pille zum Schlucken aber noch immer am beliebtesten und somit klare «Nummer eins»“.

Beratung erleichtert die Auswahl

Die Pille für den Mann lässt noch immer auf sich warten und so ist – vom Kondom einmal abgesehen – Verhütung trotz Fortschritt meist nach wie vor Sache der Frau. Die Wahl der richtigen Verhütungsmethode sollte sorgfältig überlegt werden. Sie richtet sich nach Verträglichkeit, Alter, Partnerschaft, Familiensituation und religiösem Hintergrund. Frauen jeden Alters können sich in Apotheken, beim Frauenarzt oder den Familienplanungsstellen beraten lassen. Entsprechende Aufklärung über Vor- und Nachteile wird nicht zuletzt wegen der grossen Vielfalt und möglicher Risiken wichtiger denn je. Was die «Verhütungszukunft» weiterhin bringen wird, steht aktuell noch in den Sternen. Die Zeit der unwissenden Quacksalber ist aber zum Glück vorbei.