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Erkältung oder Grippe?

Erkältungskrankheiten und Grippe werden durch Viren verursacht und haben einige gemeinsame Symptome. Der Apotheker Leo Grossrubatscher erklärt im Interview, was man über die beiden Erkrankungen wissen muss.

Leo Grossrubatscher ist Apotheker in der Dr. Andres Apotheke Stadelhofen, Zürich.

Wie erfolgt die Ansteckung bei Erkältungen und Grippe?
Leo Grossrubatscher:
Bei beiden Krankheiten werden Viren über Tröpfchen direkt von Mensch zu Mensch zum Beispiel beim Sprechen übertragen. Besonders schnell verteilen sich Tröpfchen in einem Raum, wenn eine erkrankte Person hustet. Es braucht wenige Tröpfchen, um sich anzustecken. Eine Ansteckung ist aber auch durch das Berühren von kontaminierten Oberflächen möglich. Deshalb empfehle ich, die Hände regelmässig zu waschen und in der Erkältungssaison Desinfektionsmittel zu verwenden.

Welche Viren stecken hinter beiden Krankheiten?
Für die Grippe ist das Influenza-Virus verantwortlich. Dieses mutiert und pro Saison zirkuliert jeweils eine Art dieser Viren. Deshalb steckt man sich pro Winter meist nur einmal damit an. Die ersten Symptome treten in der Regel sieben Tage nach der Ansteckung auf.
Eine Erkältung kann von sehr vielen Viren verursacht werden, weshalb mehrere Erkrankungen pro Winter möglich sind. Die ersten Erkältungssymptome machen sich zwei bis sieben Tage nach einer Ansteckung bemerkbar.

Was unterscheidet eine Grippe von einer Erkältung?
Typisch für eine Grippe ist das sehr schnelle Auftreten heftiger Symptome. Betroffene können sich am Morgen noch gesund, am Nachmittag hingegen sehr krank fühlen. Die Grippe führt je nach Immunsystem zu hohem Fieber, starken Muskelschmerzen und grosser Erschöpfung. Eine Erkältung verläuft oft ohne Fieber.

«Die Grippe kann zu hohem Fieber, starken Muskelschmerzen und grosser Erschöpfung führen.»

Leo Grossrubatscher, Apotheker

Bei beiden Krankheitsbildern sind zudem Symptome wie Schnupfen, Halsschmerzen, Heiserkeit, Husten und Abgeschlagenheit möglich. Erkältete Kinder leiden oft auch an einer Ohrenentzündung. Grund dafür sind die eustachischen Röhren, die die Ohren mit dem Nasenraum verbinden und bei Kindern noch eng sind.

Welche Massnahmen helfen bei Grippe?
Der beste Schutz vor einer Ansteckung bzw. einem schweren Verlauf bietet die Impfung. Wer sich trotz der Impfung mit dem Influenza-Virus ansteckt, hat mildere Symptome.
Gegen die Ursache der Grippe helfen antivirale Mittel. Ansonsten kann man lediglich die Symptome mit diversen Medikamenten lindern. Dazu gehören fiebersenkende Präparate. Sie helfen darüber hinaus bei Gelenkschmerzen. Ein Nasenspray wirkt einer verstopften Nase entgegen. Hustensirupe gibt es gegen Reizhusten oder produktiven Husten. Lutschtabletten oder Gurgellösungen befeuchten den Hals und lindern Halsschmerzen.
Bei einer Grippe ist Bettruhe besonders wichtig. Betroffene fallen in der Regel sieben bis zehn Tage aus.

Wie gefährlich ist eine Grippe?
Kumulativ gesehen ist die Grippe die tödlichste Krankheit weltweit in den letzten 100 Jahren. Mit steigendem Alter nimmt das Sterberisiko zu. Besonders gefährlich ist die Krankheit für ältere Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Krebs oder die aufgrund einer Organtransplantation oder einer Erkrankung wie Arthritis immunsupprimiert sind. Aber auch für Neugeborene und junge Säuglinge kann eine Grippe gefährlich sein. Jedes Jahr müssen in der Schweiz vor allem ältere Menschen und Babys wegen der Grippe hospitalisiert werden.

Wie lassen sich die Symptome einer Erkältung lindern?
Ähnlich wie bei einer Grippe. Bei einer Erkältung sollte man die Symptome immer individuell anschauen und gezielt behandeln. Kombimittel sind nicht bei jeder Erkältung angezeigt, im Gegenteil, sie können auch kontraproduktiv sein. Sinnvoll sind auch Mittel, die das Immunsystem stärken. So wird der Körper schneller mit dem Infekt fertig.
Bettruhe ist bei einer Erkältung hilfreich. Ich empfehle, sich nicht zu überanstrengen oder zu früh sportlich aktiv zu sein. Eine nicht auskurierte Erkältung kann in sehr seltenen Fällen zu einer Herzmuskelentzündung führen. Grundsätzlich muss man jedoch wissen, dass eine Erkältung viel weniger Risiken birgt als die Grippe.

Im Moment sind viele Medikamente nicht lieferbar. Welche Präparate sollte man in der Hausapotheke vorrätig haben, um gegen Schnupfen und Co. gewappnet zu sein?
Sinnvoll ist ein entzündungshemmendes Schmerzmittel, das bei Fieber, Kopfschmerzen und Gelenkschmerzen hilft. Ausserdem empfehle ich, je ein Hustenmittel gegen Schleim- und gegen Reizhusten vorrätig zu haben. Ein Nasenspray oder eine Nasenspülung sowie etwas zum Inhalieren gehören ebenfalls in die Hausapotheke.
Inhalieren lindert alle Erkältungskrankheiten. Wichtig ist, dass man mindestens 15 Minuten lang inhaliert und dabei durch die Nase und den Mund einatmet. Fürs Inhalieren reicht schon ein Topf mit heissem Wasser und ein Tuch, mit dem man den Kopf bedeckt.

Welche Hausmittel können bei Erkältungen zusätzlich hilfreich sein?
Da gibt es ganz viele. Thymian ist das A und O bei trockenem oder schleimigem Husten. Einen Sud damit kann man gut inhalieren. Auch Eukalyptus-Öl lindert Erkältungen. Studien belegen zudem die Wirksamkeit von Echinacea. Am besten nimmt man Echinacea-Präparate zu Beginn einer Erkältung drei Tage lang hochdosiert ein und pausiert danach eine Woche. Die Pelargonie aktiviert die Flimmerhärchen in der Lunge und unterstützt beim Abhusten von Schleim.
Gegen diverse Erkältungssymptome helfen gleichfalls Wickel. Wadenwickel reduzieren hohes Fieber. Salbei und Ingwertee wirken antientzündlich und tun dem entzündeten Hals gut. Generell sollten Kranke ausreichend trinken. Das löst den Husten und befeuchtet die Schleimhäute.