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Sportlernahrung: Mit Beratung zu mehr Muskeln

Braucht jeder Sportler eine individuelle Sporternährung? Ab wann sind Nahrungsergänzungen sinnvoll? Dr. Samuel Mettler hat sich intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Er ist Dozent an der Berner Fachhochschule und der ETH Zürich.

Herr Dr. Mettler, Sie beraten Athleten und Teams im Spitzensport. Was ist bei der Ernährung von Sportlern zu beachten?
Dr. Samuel Mettler: Das Bundesamt für Sport (BASPO) hat eigens eine Lebensmittelpyramide entwickelt, die den unterschiedlichen Bedarf von Sportlern im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung beschreibt. Die Empfehlungen richten sich an gesunde Sportler. Ausgegangen wird von einer gesunden und ausgewogenen Mischkost mit möglichst wenig verarbeiteten Produkten. In Abhängigkeit des Trainingsumfangs stellt die Pyramide dar, wie viele zusätzliche Portionen aus den verschiedenen Lebensmittelgruppen sinnvollerweise gegessen werden sollen. Um genügend Kohlehydrate aufzunehmen, wird beispielsweise eine zusätzliche Portion an Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten pro Stunde Sport pro Tag empfohlen. Bei den Ölen, Fetten und Nüssen ist es eine halbe Portion pro tägliche Stunde Sport. Im Bereich der Getränke wird empfohlen, während der Belastung rund 0,4 bis 0,8 Liter pro Stunde zu trinken. Genauere Informationen finden Sie unter: www.ssns.ch/sportsnutrition/lebensmittelpyramide- fuer-sportlerinnen/

Ist es wichtig, beim Bedarf zwischen Breiten-, Leistungs- und Profisportlern zu unterscheiden?
Der Begriff Profisportler sagt nur aus, dass jemand sein Geld mit Sport verdient, aber wenig über die Intensität der körperlichen Belastung. So wird beispielsweise ein Profiathlet in einer Konzentrationssportart wie dem Sportschiessen wesentlich weniger Energie- und Nährstoffe benötigen als ein Amateur-Triathlet. Gerade bei ambitionierten Breitensportlern, die auf ein Ziel wie zum Beispiel einen Marathon hintrainieren, kann die Gesamtbelastung mit Ausdauertraining und beruflicher Belastung sehr hoch werden.

Derzeit hat es einen Hype um die vegane Ernährung oder Sportler möchten sich vegetarisch ernähren. Nehmen Sportler dann ausreichend Nährstoffe und Proteine zu sich?
Es ist genauso gut möglich, mit einer vegetarischen Ernährung Leistungssport zu betreiben wie mit Fleischkonsum. Je mehr Lebensmittelgruppen aber ganz ausgeschlossen werden, z. B. wenn gar keine tierischen Lebensmittel mehr konsumiert werden, wie bei der veganen Ernährung, desto höher wird das Risiko von Fehl- oder Mangelernährung. In diesen Fällen ist es dann wichtig, dass sich die Sportler seriös mit dieser Ernährungsform beschäftigen. Bezüglich des Muskelaufbaus gibt es gewisse Hinweise, dass dies mit tierischem Protein etwas effizienter geht als mit pflanzlichem. Für die meisten Sportarten ist das jedoch nicht entscheidend.

Wie sieht es beim Proteinbedarf aus. Ist es sinnvoll, wenn sehr viel Fleisch gegessen wird, um Muskeln aufzubauen?
Für den Muskelaufbau ist Protein zwar wichtig, aber «je mehr, desto besser» bringt leider nichts. Wichtiger ist auf jeden Fall ein entsprechender Trainingsreiz und die Energiebilanz: Muskeln werden nur aufgebaut, wenn ausreichend Energie zugeführt wird – kombiniert mit einem intensiven Trainingsreiz bzw. körperlicher Bewegung. Insgesamt ist die Aufnahme von Proteinen über die normalen Lebensmittel im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung gemäss Lebensmittelpyramide gut gedeckt, um den Muskel zu erhalten oder aufzubauen. Sportler essen ja insgesamt grössere Portionen, sodass auch ein Mehr an Nahrungsbestandteilen zugeführt wird. Es muss also nicht gesondert mehr Fleisch konsumiert werden. Vor allem einzelne, speziell grosse Fleischportionen bringen nichts, weil sich das Protein im Körper nicht speichern lässt; im Gegensatz zu den Kohlehydraten, die in der Leber und im Muskel als Glykogen gespeichert werden. Viel sinnvoller ist es, die Proteinaufnahme über den Tag zu verteilen. Damit wird der Muskelaufbau immer wieder optimiert aktiviert bzw. erhalten.

Wann machen Nahrungsergänzungen Sinn? Welche sind empfehlenswert?
Bei den Vitaminen ist die Datenlage sehr schlecht. Der Bedarf ist bei Sportlern teilweise vermutlich etwas erhöht. Aber wenn diese sich ausgewogen ernähren, ist selbst ein allfällig erhöhter Bedarf gedeckt. Supplemente sind grundsätzlich nicht nötig. Allerdings sind z. B. Eisen und Vitamin D ein viel diskutiertes Thema. Der Vitamin-D-Spiegel ist vor allem bei Indoor-Sportlern häufig zu niedrig, sodass supplementiert werden sollte. Eisen ist ein wichtiges Thema insbesondere für Sportlerinnen, da über die Menstruation Eisen verloren geht. Ein Mangel geht mit Müdigkeit und/oder Erschöpfung einher, sodass der Spiegel mittels Bluttest ermittelt und – wenn nötig – ergänzt werden sollte. Umgekehrt ist von einer unnötigen Eisensupplementierung unbedingt abzuraten, da eine zu hohe Eisenaufnahme schädlich ist. Ohne ärztliche Diagnose sollte also niemand Eisen einfach aufs Geratewohl ergänzen.

Wie sieht es bei den Elektrolyten aus?
Die Zufuhr von Elektrolyten während der Belastung ist im Allgemeinen nicht notwendig. Wenn jemand einige Male pro Woche für eine Stunde joggen geht, muss man sich absolut keine Gedanken machen und ist mit der normalen Ernährung bzw. mit Wasser als Getränk gut versorgt. In extremen Ausdauersportarten oder bei sehr hohen Schweissverlusten kann die Zufuhr von Flüssigkeit zusammen mit Elektrolyten wie Natrium aber bereits während der Belastung sinnvoll sein. Auch nach dem Training kann eine ausreichende Zufuhr von Natrium zusammen mit Flüssigkeit die Regeneration beschleunigen.

Wovon sollte man in Sportlerkreisen lieber die Finger lassen? Wie sieht es beispielsweise mit Testosteroninjektionen aus?
Testosteroninjektionen sind Dopingmittel und gemäss Dopingreglement absolut verboten. Anabole Steroide, die Muskeln aufbauen sollen, wie Testosteron, können zudem Herz und Leber schaden.

Wie kann man die Regeneration als Sportler fördern? Geht das auch über die Ernährung?
Die zwei wichtigsten erholungsbestimmenden Faktoren sind vermutlich Schlaf und Ernährung. Bei der Ernährung gibt es drei Hauptelemente:

  • Es ist wichtig, das Flüssigkeitsdefizit auszugleichen. Es muss also im Anschluss an die Belastung genügend getrunken werden.
  • Die Energiespeicher sind nach der Belastung mit Kohlehydraten aufzufüllen. Beispielsweise mit einem Teller Pasta, aber auch mit einem Regenerationsshake oder Energieriegeln. Jeder sollte individuell ausprobieren, was für ihn am verträglichsten ist.
  • Nach der Belastung sollten zudem Proteine zugeführt werden. Das kann eine Fleischbeilage sein oder Milchprodukte oder ein Proteinpräparat. Auch vegetarische Proteinquellen sind möglich. Zu beachten ist: Je höher und lang andauernder die Trainingsleistung ist, desto wichtiger ist die Unterstützung der Regeneration.
    Wer zwei- bis dreimal pro Woche eine Runde joggt oder ins Fitness geht, braucht sich nicht um die Erholung zu kümmern und muss auch nichts essen, was über die ganz normale ausgewogene Ernährung hinausgeht. Je häufiger trainiert wird, z. B. täglich oder sogar mehrmals täglich, umso wichtiger wird eine optimierte Erholung.

Ernährungsberatung für Sportler
Haben Sie weitere Fragen zur Ernährung für Sportler? Auf der Webseite www.sport-ernaehrungsberatung.ch finden Sie eine Übersicht von Ernährungsberaterinnen und -beratern SVDE, welche sich zur Fachgruppe «Ernährung und Sport» zusammengeschlossen haben. Die Mitglieder sind ausgebildete Fachleute, die sich im Bereich Sporternährung aktiv weiterbilden und als Fachgruppe im Berufsverband der Schweizer Ernährungsberaterinnen SVDE aktiv sind.